30.08.2021

Inside Electric: Batterie-Brandschutzsystem

Elektrische Batterien gelten heute als die Technologie von morgen und ihre Verbreitung nimmt stark zu. Dennoch gibt es nach wie vor Bedenken hinsichtlich ihrer Sicherheit: Kurzschlüsse oder Thermal runaways (thermisches Durchgehen) sind häufige Probleme, die mit dieser Art von Energiespeichersystemen in Verbindung gebracht werden.

Wie in einem früheren Artikel dieser Serie erläutert, haben wir bei Pie Aeronefs SA Lithium-Ionen-Polymer-Batterien gewählt, um das erste vollelektrische Schweizer Rennflugzeug, die UR-1, anzutreiben. Damit wir maximale Sicherheit gewährleisten können, ist unser Batteriesystem mit einem Brandschutzsystem und einem Wärmemanagementsystem ausgestattet. Das Brandschutzsystem verhindert Brände und schützt das Flugzeug, falls das Wärmemanagement ausfällt.

In diesem Artikel beantworten wir die folgenden Fragen: Was ist ein thermal runaway (Thermisches Durchgehen)? Inwiefern können Lithium-Ionen-Polymer-Batterien bei unsachgemässer Handhabung gefährlich sein? Und wie geht Pie Aeronefs SA mit diesen Gefahren um, um maximale Sicherheit gewährleisten zu können?

Brandgefahren

Es gibt zwei Hauptfaktoren, die das Brandrisiko in einer Lithium-Ionen-Polymer-Batterie erhöhen:

  • Physikalische Schäden: Das Risiko interner Kurzschlüsse , die eine starke chemische Reaktion auslösen.
  • Un Thermal runaway (Thermisches Durchgehen): Eine unkontrollierte chemische Reaktion, die zu Überhitzung und schliesslich zu einem Brand führt, wenn die Batterie geladen oder benutzt wird und sie sich dabei über seine thermische Grenze hinaus erhitzt.

Wenn die Batterie überhitzt oder überreagiert, steigt der Druck im Inneren der Batterie bis zu dem Punkt, an dem das Batteriegehäuse den Druck nicht mehr aushalten kann. Wenn die Batterie explodiert, kommt es durch den Kontakt des in ihr enthaltenen Lithiums mit der Luftfeuchtigkeit zu einer sofortigen chemischen Reaktion, die einen Brand verursacht.

Aus diesem Grund ist ein wirksames Brandschutzsystem für Elektrofahrzeuge unabdingbar. Dieses System wird, wie Ghiji et al. (2020) in ihrem Überblick über Lithium-Ionen-Batterien erklären, «auf den Ebenen Zelle, Batterie, Modul, Pack, System und Gehäuse betrachtet».

BMS und TMS 

Elektroflugzeuge müssen durch Softwarekontroll-Systeme gesteuert werden. Das Batteriemanagementsystem (BMS) steuert beispielsweise die Leistung und überwacht den Zustand der Batterien.

Da Batterien entflammbar sind, umfasst dieses Management-System Brandschutzmauern, um die Brandgefahr zu verringern und die Kontrolle über die korrekte Funktion der Batterien gewährleisten zu können.

BMS (Batteriemanagement-System)

Das BMS ist die Hauptschnittstelle, die die Batterien, den Motor und den Piloten miteinander verbindet. Es wird von Gabbar et al. (2021) wie folgt beschrieben: «Das BMS verwendet Messungen, um den Ladezustand (state of charge, SOC), den Gesundheitszustand (state of health, SOH), die Entladetiefe (depth of discharge, DOD) und die betrieblichen Schlüsselparameter der Zellen/Batteriepakete zu schätzen».

TMS (Thermomanagement-System)

Das TMS überwacht die Temperatur des elektrischen Systems, einschliesslich der Batterien. Wenn es ein abnormales Verhalten oder eine mögliche Überhitzung feststellt, kann es das System je nach Situation ganz oder teilweise abschalten.

Kühlsysteme

Wie funktioniert es?

«Nichts geht verloren, nichts entsteht, alles wird umgewandelt» - Antoine Lavoisier, 1789.

Dieses Grundprinzip, das chemische Reaktionen beschreibt, gilt auch für Energie. Wenn Sie beispielsweise mit einem Auto bremsen, wandeln Sie Ihre kinetische Energie (Geschwindigkeit) in Wärmeenergie um. Diese Energieübertragung findet statt, wenn die Bremsbeläge gegen die Bremsscheibe drücken, wodurch Reibung und Wärme entstehen. Diese Energie wird dann als Wärme in der Scheibe gespeichert. Um die Funktion der Bremse aufrechtzuerhalten, ist es wichtig, diese Wärme von der Scheibe abzuführen. Dies geschieht durch einen Kühlmechanismus.

Je heisser ein Material ist, desto mehr Energie enthält es. Je kälter es ist, desto weniger Energie enthält es. Wenn man also etwas Kaltes neben etwas Heisses legt, nimmt das kalte Material überschüssige Energie vom heissen Material auf, das wiederum Energie verliert. Durch diesen Prozess können heisse Materialien abgekühlt werden.

Dieser Prozess, der als Herunterkühlen bezeichnet wird, ist eine physikalische Reaktion, die wir nutzen können, um Wärmeenergie aus einem Objekt zu entfernen.

Wird ein elektrisches System verwendet, geht Energie in Form von Wärme verloren. Manchmal erzeugt das System mehr Wärme als es abgibt. Aus diesem Grund sind beispielsweise Computer mit einem Lüfter oder Autos mit einem Kühler ausgestattet.

Welche Kühlmethoden gibt es?

Bei der Kühlung von Lithium-Ionen-Batterien gibt es vier Hauptmethoden: Luftkühlung, direkte Flüssigkeitskühlung, indirekte Flüssigkeitskühlung und Kühlrippenkühlung.

Jede Lithium-Ionen-Batterie kann anders konstruiert sein und für unterschiedliche Zwecke eingesetzt werden. Um die Sicherheit zu gewährleisten, muss daher ein geeignetes, an die jeweilige Situation angepasstes, Kühlsystem gewählt werden.

Chen et el. (2016) haben eine Liste von Vor- und Nachteilen der verschiedenen Kühlmethoden aufgestellt und kommen zu folgenden Schlussfolgerungen:

  1. Die Kühlrippenkühlung bringt das meiste zusätzliche Gewicht mit sich, wenn alle Kühlmethoden das gleiche Volumen haben.
  2. Die Luftkühlung verbraucht die meiste parasitäre Energie.
  3. Sowohl die Kühlrippenkühlung als auch die Luftkühlung sind durch den minimalen durchschnittlichen Temperaturanstieg eingeschränkt, wenn man den realistischen Bereich des Wärmeübergangskoeffizienten und den Leistungsbereich des Lüfters in einem Elektroauto berücksichtigt.
  4. Die indirekte Flüssigkeitskühlung hat wegen des längsten Kühlkanals die höchste Temperaturdifferenz.

UR-1 Brandschutzsystem

TMS

Wie bereits erwähnt, benötigt jedes Elektroflugzeug ein Batteriemanagement-System (BMS), um den Elektromotor zu betreiben. In dieses lebenswichtige System ist oft auch ein Thermomanagement-System (TMS) integriert. In unserer UR-1 ist das TMS in der Lage, die Temperatur der Batterien zu überwachen und das System abzuschalten, wenn eine bedrohliche Situation eintritt.

Derzeit ist unser System nur in der Lage, den gesamten Batteriesatz abzuschalten, wenn Probleme bei einer einzelnen Batterie auftreten. Ein zukünftiges System-Upgrade wird es unserem TMS jedoch ermöglichen, eine einzelne Batterie zu isolieren und die Energieversorgung des Motors aufrechtzuerhalten.

Indirekte Flüssigkeitskühlung

Die indirekte Flüssigkeitskühlung ermöglicht es uns, einen geschlossenen Kühlmittelkreislauf um die zu kühlenden Komponenten zu legen. 

Sobald die Kühlflüssigkeit warm wird, leiten wir sie zum Boden des Flugzeugs, wo wir zwei Kühlplatten installiert haben. Die Flüssigkeit wird dann von der Umgebungsluft abgekühlt. Dieser geschlossene Kreislauf ermöglicht es uns, alle wärmeproduzierenden Elemente auf der optimalen Betriebstemperatur zu halten und verhindert ein thermisches Durchgehen.

Letzter Ausweg

Wenn das TMS und das Kühlsystem nicht ausreichen, um ein thermal runaway (thermisches Durchgehen) zu verhindern, müssen wir mit einem physischen System ausgestattet sein, das im Falle eines Brandes jegliche strukturelle Beschädigung des Flugzeugs verhindert. Aus diesem Grund ist jede Batterie von einem speziellen, geschützten Keramik-Verbundstoff-Sandwich umschlossen, das wie eine Brandschutzmauer zwischen den einzelnen Batterien wirkt. 

Neben den Entlüftungsöffnungen, durch die eventuelle Gase das Flugzeug über offene Rohre in der unteren Tragflächenhaut verlassen können, hat unser Keramik-Verbundstoff -Sandwich die wichtige Aufgabe, eventuelle Brände einzudämmen und so ein Übergreifen auf andere Batterien zu verhindern.

Für diese Art von Brandschutzsystem gibt es einige Vorschriften. Die Richtlinien des Bundesamtes für Zivilluftfahrt besagen, dass ein solches System mindestens 5 Minuten lang einer Temperatur von 1200°C standhalten muss, ohne dass die Struktur versagt. Wir sind stolz darauf, dass unser System 15 Minuten ohne nennenswerte Leistungseinbussen standhält.

Zusammengefasst

Mit all diesen Schutzsystemen sind wir zuversichtlich, dass unser vollelektrisches Schweizer Rennflugzeug, die UR-1, während des Fluges und im Rennen sicher ist.